Anpassungsbedarf in der Agrarwelt
Heissere Sommer, längere Trockenperioden und mehr Extremereignisse: Das ist die Zukunft, mit der sich die weltweite Landwirtschaft konfrontiert sieht. Auch Schweizer Bäuerinnen und Bauern spürten den Klimawandel bereits heute, sagt Andreas Keiser (61), Experte in Ackerbau und Pflanzenzüchtung an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) in Zollikofen BE. Er stellt klar: «Die Landwirtschaft muss und wird sich an die Veränderungen des Klimas anpassen.»
Resistenz ist entscheidend
Zur Herausforderung wird vor allem die ausreichende Bewässerung bestehender Kulturen. Zehn Prozent des Schweizer Wasserverbrauchs gehen aktuell auf das Konto der Landwirtschaft. «Dieser Bedarf wird sich mit der Klimaänderung erhöhen», weiss Keiser. Viele Betriebe seien heute aber noch gar nicht für eine Bewässerung eingerichtet – sie arbeiten nur mit Niederschlag.
Zudem stellt sich die Frage, ob das Wasser für alle Bedürfnisse reichen wird. Zwar verzeichnet die Schweiz höhere Niederschlagsmengen als andere europäische Länder. Nicht umsonst gilt die Schweiz als Wasserschloss Europas. Keiser warnt aber: «Mit dem Abschmelzen der Gletscher werden die Flüsse im Sommer weniger Wasser führen und kleinere Flüsse zeitweise austrocknen.»
Erste Schritte zur Harmonie von Jagd und Waldpflege
Seit 2021 wird ein erstes Konzept umgesetzt. Noch sei es zu früh, um wirklich sagen zu können, wie erfolgreich die Umsetzung sei, denn viele der Massnahmen bräuchten einige Jahre Zeit, sagte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Isabelle Ballmer.
Die Verantwortlichen zeigten auf, dass es für ein gesundes Gleichgewicht jagdliche und waldliche Massnahmen braucht. Bei der Jagd hat der Kanton mit der Jagdplanung ein Instrument in der Hand, um den Wildtierbestand zu regeln, allenfalls auch mit einer Schwerpunktbejagung, wo dies die Situation erfordert. Die Jagdziele des Kantons erfüllen die Jäger meist gut.
Waldbesitzer wiederum können junge Triebe und Bäume vor dem Verbiss schützen, etwa durch Zäune oder mit chemischen Mitteln. Solche Massnahmen sind aber unter Umständen aufwändig im Unterhalt und teuer. Als besonders wichtig erachteten die Forst- und Jagdfachleute einen klimaresistenten, aus eigener Kraft verjüngten und artenreichen Wald.
Gebe es in einem dunklen, wenig artenreichen Wald nur wenige Jungpflanzen, konzentriere sich das Wild auf sie. Je mehr Jungpflanzen und andere Nahrungsquellen es gebe, je mehr sinke der Druck durch Wildtiere. Nötig seien auch durchlässige Waldränder, die dem Wild ermöglichten, auf Wiesen auszutreten und sich dort auch verstecken zu können.
Weniger Kartoffeln, mehr Sojabohnen
Was können die Bauern gegen den drohenden Wassernotstand unternehmen? Laut Achim Walter (55), Professor für Kulturpflanzenwissenschaften an der ETH Zürich, liegt eine Möglichkeit in der Wahl und Züchtung neuer Anbausorten. «Künftig werden wir darauf achten müssen, welche Nutzpflanzen besonders hitze- und trockenresistent sind», so Walter.
Keiser fügt an: «In diesem Bereich der Züchtung gibt es noch ein grosses Potenzial.» Mais, Sonnenblumen oder Hülsenfrüchte wie Sojabohnen werden darum in der Schweizer Landwirtschaft künftig häufiger anzutreffen sein. Auch Weinbauern dürfen sich über die höheren Temperaturen freuen.
Einen schweren Stand dürften hingegen Erbsensorten und Zuckerrüben haben, die gut unter kühlen Temperaturen gedeihen. Die Kartoffel mit ihren kurzen Wurzeln muss bei Trockenheit stark bewässert werden und dürfte von anderen Nutzpflanzen künftig verdrängt werden.
Neue Anbaumethoden gefragt
Die Experten sind sich einig: Auch die Art und Weise, wie Acker- und Gemüsebau betrieben wird, muss sich ändern. «Dafür braucht es einen vermehrten Wechsel zur regenerativen Landwirtschaft», sagt Walter. Das heisst: Den Boden schonender bearbeiten, sodass das Wasser besser gespeichert und der Boden fruchtbarer bleibt. Der Gebrauch des Pfluges werde deswegen zurückgehen.
Keiser schlägt eine möglichst ganzjährige Bodenbedeckung vor. Dabei wird der Boden das ganze Jahr über von Pflanzen oder Pflanzenresten bedeckt. «Dann können Niederschläge besser in den Boden eindringen», sagt er.